Auf den ersten Blick erwartet man vielleicht nicht, dass Schmerz und Angst viel miteinander zu tun haben. Schmerz ist Schmerz und Angst ist Angst, richtig? Aber natürlich würde ich diesen Blog nicht schreiben, wenn da nicht mehr dran wäre, als man im ersten Moment denkt...
Vorher konnten Sie lesen, dass Schmerz und Angst beides "Warnsysteme" unseres Körpers sind, die einige Ähnlichkeiten aufweisen. Auf den Punkt gebracht: Um weniger Angst zu bekommen, müssen wir regelmäßig aufregende Dinge tun, und um weniger Schmerzen zu bekommen, müssen wir regelmäßig Dinge tun, die Schmerzen verursachen. Vorzugsweise konstruktiv und regelmäßig.
Aber worüber ich heute nachdenke, ist, wie Schmerz zu mehr Angst führen kann. Weil Schmerz so ein Gefühl ist, wollen wir so wenig wie möglich davon haben. Was passiert, ist, dass wir ein wenig Angst vor Aktivitäten bekommen, die zuvor zu Schmerzen geführt haben.
Ein persönliches Beispiel
Lassen Sie mich ein persönliches Beispiel anführen. In einem Skiurlaub vor ein paar Jahren flog ein Skifahrer mit voller Wucht gegen meine rechte Schulter, während ich langsam Snowboard fuhr (es war in einem dieser 'langsamen' Gebiete, aber der Skifahrer hat das nicht berücksichtigit...). Nachdem ich mich ein paar Wochen geschont hatte, beschloss ich wieder Sport zu machen. Ich bemerkte, dass ich ein wenig angespannt war. Nach dem ersten Training bekam ich einen Tag später 'ausstrahlende Schmerzen' in meinem rechten Arm. Auch meine linke Schulter begann zu schmerzen! Obwohl ich genau wusste, dass damit alles in Ordnung war. Ich versuchte, das zu tun, worüber ich hier die ganze Zeit schreibe. In Bewegung bleiben, in Ruhe weiter Sport machen und viele Armbewegungen üben (vor allem verrückte Bewegungen machen hilft!). Die ersten Tage waren sehr spannend, mit der Angst, dass ich mir den ganzen Arm und die Schulter kaputt machen könnte (was eigentlich gar nicht logisch ist, aber gut). Allmählich wurden die Schmerzen weniger, meine linke Schulter wat ziemlich schnell wieder 'ok', und die 'wirklich verletzte' Schulter war nach ein paar Wochen schmerzfrei. Als ich anfing, mehr zu üben, wurden auf die Verspannungen weniger.
Was Sie an meinem eigenen (wahren!) Beispiel sehen und wahrscheinlich auch erkennen, ist, dass es sehr spannend sein kann, Tätigkeiten wieder aufzunehmen, die vorher zu Schmerzen geführt haben. Unser Gehirn ist so konstruiert, dass es Sie optimal schützen will, aber leider versagt es manchmal dabei. Das führt dann nicht nur zu mehr Schmerz, sondern auch zu mehr Angst (vor Schmerz!). Ein Warnsystem befeuert sozusagen das andere.
Angst und Voraussagen
Ein Merkmal, das zur Angst passt, ist, dass mit ihr immer eine Voraussage verbunden ist:
- Wenn ich meine Einkäufe aufhebe, bricht mir mein Rücken
- Ich breche mir die Schulter, wenn ich zu viel hebe
- Mein Knie verschleißt noch mehr, wenn ich viel Rad fahre...
Fast jeder Mensch mit Schmerzen macht solche Vorhersagen, weil unser Gehirn so gebaut ist. Die unbewusten Warnsysteme in unserem Gehirn machen den ganzen Tag über Voraussagen.
Was kann man dagegen tun?
Die Warnsysteme in unsere Gehirn sind leider etwas speziell beim Lernen von neuen Dingen. Es hilft ein wenig, aber nicht genug, viel zu lesen. Das Lesen über Schmerz und Angst sorgt für Verständnis, was der erste Schritt ist, aber nicht für weniger Schmerz und Angst. Um Ihre Schmerzen und Ängste zu reduzieren, müssen Sie den Warnsystemen "beweisen", dass sie falsch liegen.
Eine sehr schöne Methode, dies zu tun, nennt sich "Exposition in kleinen Schritten". Die Idee ist, dass Sie zuerst aufschreiben, was Ihre größte Angst ist. Zum Beispiel: Wenn ich die Einkäufe hochhebe, bricht mir etwas im Rücken. Je mehr Sie darüber schreiben, desto besser! Was wird als nächste passieren? Wie merken Sie, dass etwas kaputt ist? Was sollten Sie als nächstes tun?
Was Sie dann tun, ist genau das, was die Angst hervorruft. Fangen Sie klein an, z.B. mit einer leichten Einkaufstüte und bauen Sie es langsam auf. Das Wichtigste ist: Finden Sie heraus, ob Ihr Weltuntergangsszenario eingetreten ist? Ist Ihr Rücken gebrochen? Musste der Krankenwagen kommen? Mussten Sie vier Tage lang liegen bleiben? Haben Sie einen Gipsverband am ganzen Körper? Wenn nicht, was hat Sie die Erfahrung gelehrt?
Bitte beachten Sie, dass es hier nicht so sehr um "Schmerz" geht. Schmerz ist ein Warnsignal. Ihr Körper schmerzt wahrscheinlich, wenn Sie an die Aktivität denken, vor der Sie Angst haben, weil Ihr Gehirn denkt, dass es Ihnen einen Gefallen tut und Sie beschützt. Prüfen Sie, ob es wirklich einen Schaden gibt, abgesehen von den Schmerzen. Je mehr Sie tun und sich trauen, desto mehr werden die Warnungen schwinden - aber das braucht Zeit.
Hört sich das für Sie zu gefährlich an? Die Exposition in Schritten (graduelle Exposition) ist eine wissenschaftlich erprobte Behandlung von Schmerzbeschwerden, bei der die Niederländer die Vorreiterrolle übernehmen! Es kann hilfreich sein, einen guten Therapeuten dabei zu haben, wenn Sie das selbst in die Hand nehmen wollen (googeln Sie mal nach gradueller Exposition bei Schmerzen).
Die Verbindung zwischen Schmerz und Angst